Eine repräsentative Erhebung hat ergeben…

Eine repräsentative Erhebung hat ergeben, dass 49% der Bevölkerung die Verträge für die Anschaffung des FA-35 abschliessen sollen, bevor die Unterschriftensammlung der GSoA zum Stopp des Handels abgeschlossen ist. 47% sagen nein zur Anschaffung. Wir lesen «repräsentativ» und erstarren in Ehrfurcht. Die Erhebungsergebnisse werden im Zeitungsbericht auf die Parteien heruntergebrochen und nach «Ja», «Eher ja», «weiss nicht» «Eher nein» und «Nein» aufgeteilt. Wie sinnvoll sind die Aussagen im Beitrag des Tagi vom 17. Mai 2022?

Angaben zum Studiendesign sind zwingend!

Zumindest stellt der Beitrag im Tagi ein Minimum an Angaben zum Studiendesign zur Verfügung. Die Ergebnisse basieren auf 9085 Interviews. Der Stichprobenfehler beträgt +/- 4.5%. Mit welcher Erhebungsmethode die Befragung durchgeführt wurde wird dezent verschwiegen. Gerade die Erhebungsmethode ist aber zwingend für die Repräsentativität der Umfrage.

Banal

Eine erste banale Aussage zur Signifikanz des Unterschiedes von 2% zwischen den ja- und den nein-Sagenden: Der Stichprobenfehler beträgt 4.5%. Der Wert von 49% kann in der Folge zwischen 49-4.5% und 49+4.5% betragen, also zwischen 45.5% und 53.5%. Es kann keine Rede davon sein, dass die Differenz von 2% eine statistisch signifikante Mehrheit abbildet.

Ebenfalls befragt wurde die Akzeptanz von Waffenlieferungen in die Ukraine. Dort beträgt die Differenz zwischen Befürwortern und Gegnern 5% (50% dagegen, 45% dafür). Die 5% reichen immer noch nicht für eine signifikanten Unterschied. Die Differenz zwischen den Werten müsste 2 mal den Vertrauensbereich betragen, da der Vertrauensbereich ja gleichmässig nach oben und unten streut, also 9%.

Die Kernaussagen des Tagi-Beitrags sind also unsinnig. Weniger banal sind die anderen Unplausibilitäten im Zeitungsbericht.

Wer ist die Grundgesamtheit? Wie wurde befragt?

Wir haben keine Ahnung, wie die Grundgesamtheit definiert wurde. Handelt es sich um die Schweizer Bevölkerung? Handelt es sich um die stimm- und wahlberechtigten Schweizerinnen und Schweizer? Oder handelt es sich um Menschen, die zufällig auf den Bahnhöfen herumspaziert sind und dort befragt wurden? Das ist entscheidend. Der Begriff Repräsentativität muss sich zwingend auf eine klar definierte Grundgesamtheit beziehen, sonst sind sämtliche Aussagen wertlos.

Wie wurde befragt? Online? Per Tablet auf der Gasse? Telefonisch? Auch da fehlen jegliche Informationen. Es ist grundsätzlich nicht möglich, zum Beispiel bei einer online Befragung zu einer repräsentativen Stichprobe zu kommen, es sei denn, die Ergebnisse werden auf Basis der soziodemographischen Werte der Volkszählung gewichtet, was wissenschaftlich fragwürdig ist.

Ungeklärte Begriffe

Ein weiterer Mangel der vorliegenden Erhebung ist der Umstand, dass in der Befragung teilweise ungeklärte Begriffe verwendet wurden. Die Debatte um die Deutung des Begriffs Neutralität ist in vollem Gange und sowohl Politiker als auch Wissenschafterinnen und die Bevölkerung sind sich uneins. Beim Begriff Waffenlieferungen stellen sich die Fragen nach dem Typ und dem Verwendungszweck der Waffen. Zumindest hätte der Unterschied zwischen offensiv und defensiv Waffen gemacht werden müssen. Diese Unterscheidung hätte dem aktuellen politischen Diskurs entsprochen.

Fazit: Der Beitrag im Tagi ist eine geballte Ladung Unfug

Um zu erkennen, dass der Beitrag im Tagi Unfug ist braucht es Kenntnisse der Statistik. Im Verlauf der WBA-Lehrgänge werden diese Kenntnisse vermittelt. Unsere Studierenden sind in der Lage, statistische Daten zu hinterfragen, seien es Pressebeiträge oder Sekundärdaten, die für Marketing-Entscheidungen zum Einsatz kommen. Bei der WBA lernen unsere Studierenden für’s Leben.

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